Verico Target by Kress Nancy

Verico Target by Kress Nancy

Autor:Kress, Nancy [Kress, Nancy]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-08-19T16:00:00+00:00


»Achtung auf das Kabel dort«, sagte das blonde Mädchen zu Wendell, ohne zu lächeln. Das Kabel war eigentlich ein dickes Bündel von dünnen Kabeln, die man zusammengebunden hatte; es schlängelte sich quer über den schmalen Gang. Das Mädchen war wohl so etwas wie ein Groupie für eine Rockband, obwohl ›ALBANY TODAY‹ alles andere als eine Rockshow war. Außerdem hatte das Mädchen hochnäsig geklungen, als es ihn auf das Kabel aufmerksam machte. Wendell würdigte sie keiner Antwort. Sie war bloß irgend so ’ne Schlampe. Und er würde in zehn Minuten im Fernsehen auftreten.

»Nervös?« fragte Jake Peterson, der Reporter, der Zeitungsartikel über Wendell schrieb. Erst ein kurzer Artikel war erschienen; für den großen, sagte Peterson, war die Zeit noch nicht reif. Wendell zuckte die Achseln. Seine Handflächen fühlten sich glitschig an.

»Denken Sie immer daran«, erinnerte ihn Peterson, »Sie haben der Öffentlichkeit etwas Wichtiges zu sagen.«

Wendell antwortete nicht; das alles wußte er schon. Peterson beobachtete ihn unentwegt und lächelte leicht dazu, was Wendell auf die Palme brachte. Na gut, so hatte Peterson ihm also Nachhilfe gegeben, aber das hier war immer noch seine, Wendells, Vorstellung! Und sie fand in einem richtigen Fernsehstudio statt, mit Kabeln auf dem Boden und so. Nicht in einem schäbigen Loch wie die ›Rick-Abrams-Stunde‹.

»Im Studio sind sie soweit«, sagte die Hochnäsige. »Sie können reingehen.« Sie bewegte ihren fetten Arsch. Wendell hatte eine kurze, intensive Vision von Saralinda, schlank und graziös.

Das Studio war ein großer Raum mit schwarzen Wänden und schwarzer Decke, zwei Kameras auf fahrbaren Gestellen und einem unecht aussehenden Wohnzimmer auf einem niedrigen Podium. Die Gastgeberin der Talkshow saß bereits an ihrem Platz. Sie war sicher über vierzig, aber immer noch ein Hammer, fand Wendell; sie hatte die einsame Klasse der Schaufensterpuppen in den teuren Modehäusern. Wendell bedachte den Techniker, der sein Mikrophon festmachte, mit einem finsteren Blick.

Und dann konnte er einfach nicht aufhören, finster dreinzuschauen. »Bleiben Sie ganz ruhig«, sagte die Showmasterin. Warum das, zum Geier? Peterson sagte doch, das wäre eine wichtige Mitteilung an die Zuseher, oder? Man blieb nicht ganz ruhig, wenn man etwas Wichtiges mitzuteilen hatte!

Herrgott, er brauchte einen Drink.

»Mister Botts? Haben Sie mich verstanden? Ich sagte, in dreißig Sekunden gehen wir auf Sendung!«

»Ja, in Ordnung.«

Das rote Licht ging an.

»Guten Abend, liebe Zuseher. Rebecca Johnson begrüßt Sie bei ›Albany Today‹, dem aktuellsten Nachrichtenmagazin der Stadt. Etwas später werden wir auch Senator William Kerber willkommen heißen, der uns mit den neuen Waffengesetzen des Staates New York vertraut machen wird, und Vivian Jones, Autorin des Bestsellers Die Brötchen-Diät. Doch unser erster Gast ist Mister Wendell Botts, der uns eine schockierende Geschichte mitgebracht hat. Wendell, Sie waren früher Mitglied der Streiter des göttlichen Bundes, einer religiösen Gruppierung, die ihr Quartier bei Cadillac im Bezirk Marion hat.«

»Ja, das ist richtig.« Seine Kehle fühlte sich staubtrocken an.

»Und Sie haben selbst in diesem Sektenquartier gelebt?«

»Die dort nennen es Siedlung.«

»Siedlung, ah ja. Und wann war das?«

»Vor zwei Jahren bin ich weggezogen von dort.«

Weggezogen ins Gefängnis, kurz nach Davids Geburt und nachdem der Alkohol ihn soweit getrieben hatte, daß er auf Saralinda und Penny losgegangen war.



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